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Grundsteuerreform: Die Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit wachsen

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>> Mit zwei Beschlüssen hat das Finanzgericht Rheinland-Pfalz „ernsthafte Zweifel“ an der Verfassungsmäßigkeit der Grundsteuer angemeldet. In manch einem Kommentar ist nun bereits vom Ende der Grundsteuer die Rede. Wie es nun tatsächlich um die Grundsteuer bestellt ist, möchten wir für Sie mit diesem Beitrag einordnen. <<

 

Worum geht es in den beiden Beschlüssen?

Die Beschlüsse betreffen die Grundsteuerreform, welche ab dem Jahr 2025 die Erhebung der Grundsteuer auf eine neue rechtliche Grundlage stellen wird. Dies war erforderlich, weil nach einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts die Grundsteuer noch längstens bis Ende 2024 auf der Basis der bisherigen – komplett veralteten – Einheitswerte erhoben werden darf.

Ob es dem Gesetzgeber gelungen ist, eine angemessene Bemessungsgrundlage für die zukünftige Grundsteuer zu definieren, wird seit Jahren kontrovers diskutiert. Insbesondere das sog. „Bundesmodell“, welches im Kern eine stark pauschalierende Bewertung der Immobilien vorsieht, wird oft kritisiert. Die meisten Vorbehalte richten sich dagegen, dass die dort ermittelten Immobilienwerte („Grundsteuerwerte“ genannt) die tatsächlichen Wertverhältnisse zu sehr verfehlen. Befürworter der Reform verweisen hingegen darauf, dass der Gesetzgeber eine praktikable Regelung geschaffen habe, bei der eine gewisse Ungenauigkeit hinzunehmen sei.

Inzwischen sind in Deutschland mehrere Millionen (!) Einsprüche in dieser Angelegenheit eingelegt worden. In zwei Klageverfahren aus Rheinland-Pfalz gewährte das dortige Finanzgericht nunmehr die Aussetzung der Vollziehung der klagegegenständlichen Bescheide (Beschlüsse 4 V 1295/23 und 4 V 1429/23 vom 23.11.2023). Die Begründung des Finanzgerichts lässt sich dahingehend zusammenfassen, dass ernstliche Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit des Bundesmodells bestehen. Insbesondere wird ein möglicher Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG angeführt, denn das Bundesmodell laufe Gefahr, eine realitäts- und relationsgerechte Grundstücksbewertung zu verfehlen. Damit bewerten die Richter aus Rheinland-Pfalz das Bundesmodell deutlich kritischer als deren Kollegen aus Sachsen. Dort hatte das Sächsische Finanzgericht wenige Tage zuvor geurteilt, dass es keine grundsätzlichen Bedenken gegen das Bundesmodell habe (Urteil 2 K 574/23 vom 24.10.2023).

 

Welche Auswirkungen ergeben sich für mich aus den beiden Beschlüssen?

Unmittelbar ergeben sich für Sie gar keine Auswirkungen.

Erstens weist selbst das Finanzgericht Rheinland-Pfalz in seiner Pressemitteilung vom 27.11.2023 darauf hin, dass es sich hier um zwei Einzelfallentscheidungen gehandelt hat und zweitens ist auch in diesen beiden Fällen noch kein abschließendes Urteil durch das Finanzgericht gefällt worden, sondern den Klägern wurde lediglich ein sog. „vorläufiger Rechtsschutz“ zugestanden.

Weiterhin sei angemerkt, dass die Richter hier ausschließlich das Bundesmodell zu beurteilen hatten. Auf Fälle, in denen das Bundesmodell nicht zur Anwendung gekommen ist (betroffen sind Grundstücke in Bayern, Baden-Württemberg, Hamburg, Hessen und Niedersachsen), wäre die Argumentation inhaltlich ohnehin nicht ohne Weiteres übertragbar.

 

Besteht für mich jetzt Handlungsbedarf?

Die Ausgangslage für die Steuerpflichtigen hat sich durch die beiden Beschlüsse des Finanzgerichts Rheinland-Pfalz nicht wesentlich geändert. Die Beschlüsse könnten jedoch als ein Indiz dafür gewertet werden, dass die gegen die Reform geäußerten Vorbehalte nicht völlig unbeachtlich sind.

Es bleibt weiterhin abzuwarten, bis die Frage der Verfassungsmäßigkeit höchstrichterlich geklärt wird. Sollte hier festgestellt werden, dass die Grundsteuerreform tatsächlich verfassungswidrig ist, würde dies die Erfolgsaussichten in den zahlreichen Rechtsbehelfsverfahren deutlich erhöhen.

Es ist aus heutiger Sicht nicht abzusehen, wie der Gesetzgeber reagieren würde, falls eine Verfassungswidrigkeit höchstrichterlich festgestellt werden sollte. Dementsprechend kann nicht mit Sicherheit beurteilt werden, ob zur effektiven Wahrung der eigenen Interessen ein Einspruch gegen den Bescheid über den Grundsteuerwert erforderlich wäre. Vorsichtshalber wäre daher den Steuerpflichtigen unverändert anzuraten, entsprechende Rechtsmittel (innerhalb der gesetzlichen Einspruchsfrist) einzulegen, auf die mögliche Verfassungswidrigkeit der Regelungen hinzuweisen, und gleichzeitig anzuregen, die Bearbeitung des Einspruchs bis auf Weiteres zurückzustellen.

 

Fazit

Die beiden Beschlüsse aus Rheinland-Pfalz sollten nicht überbewertet werden. Sie zeigen, dass die verfassungsmäßigen Bedenken gegen das Bundesmodell der Grundsteuerreform nicht zu unterschätzen sind. Ob letztendlich eine Verfassungswidrigkeit höchstrichterlich festgestellt wird, ist zum jetzigen Zeitpunkt noch ungewiss. Aus den hier diskutierten Beschlüssen bereits das Ende der Grundsteuer herleiten zu wollen, ginge jedoch sicherlich zu weit.

 

Haftungsausschluss:

Dieser Beitrag beinhaltet allgemeine Informationen, die keine steuerliche Beratung und keine Rechtsberatung darstellen und eine solche Beratung im Einzelfall auch nicht ersetzen können. Bitte haben Sie Verständnis dafür, dass wir trotz sorgfältiger Recherche keine Gewährleistung für die Vollständigkeit und Richtigkeit der Informationen übernehmen können.

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