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Grundsteuerreform: Praktische Erfahrungen mit den Feststellungserklärungen

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>> Seit mehr als drei Monaten läuft nun bereits der Abgabezeitraum für die Feststellungserklärungen zur Grundsteuerreform. Wir haben inzwischen eine ganz erhebliche Anzahl an Immobilien aller Art bewertet. In diesem Beitrag möchten wir Ihnen einige besonders relevante Aspekte vorstellen, die uns aus Beratersicht regelmäßig begegnen. Wir beziehen uns hierbei ausschließlich auf das sog. „Bundesmodell“. <<

 

1. Kernsanierungen: Die Messlatte liegt hoch

Eine Kernsanierung hat regelmäßig Auswirkungen auf die Restnutzungsdauer – und damit auf den Wert – der Immobilie. Aus Sicht der Steuerpflichtigen ist es daher vorteilhaft, wenn sich Sanierungsmaßnahmen unterhalb der Grenze zur Kernsanierung bewegen.

Die Finanzverwaltung hat (in Abschnitt 253.1 Abs. 3 AEBewGrSt) umfassend definiert, ab wann für Zwecke der Grundsteuer von einer Kernsanierung auszugehen ist. Erfreulicherweise hat sie die „Messlatte“ dabei sehr hoch gelegt. Aus unseren eigenen Praxiserfahrungen stellen wir fest, dass viele Sanierungen, welche aus Sicht der Steuerpflichtigen als Kernsanierung anzusehen waren, nach Maßgabe der Finanzverwaltung nicht hierzu zählten.

Es sollte jedenfalls unbedingt darauf geachtet werden, nicht leichtfertig in der Feststellungserklärung eine Kernsanierung zu bejahen. Eine gründliche Prüfung kann die Steuerpflichtigen hier vor einer überhöhten Grundstücksbewertung bewahren.

 

2. Wohnflächen: Die Berechnungsmethode ist entscheidend

Das Bewertungsgesetz verwendet (in § 254 BewG und auch in Anlage 39 BewG) den Begriff der „Wohnfläche“, ohne diesen näher zu definieren. In der Praxis gibt es verschiedene Definitionen, unter anderem nach DIN 277 oder nach der Wohnflächenverordnung (WoFlV). An dieser Stelle besteht – je nach Sichtweise – Rechtsunsicherheit oder Gestaltungspotential.

Die Finanzverwaltung hält in deren internen Verwaltungsanweisungen (Abschnitt 251 AEBewGrSt) die WoFlV für maßgebend. Hierbei handelt es sich um die in der Vermietungspraxis häufig anzutreffenden Grundsätze, wonach zum Beispiel Flächen unter Dachschrägen nur anteilig in die Wohnfläche eingerechnet werden. Auf der Basis der uns vorliegenden Unterlagen stellen wir fest, dass eine Berechnung nach der WoFlV regelmäßig zu vergleichsweise kleinen Wohnflächen führt.

Die Rechtsauffassung der Finanzverwaltung ist daher nicht unbedingt nachteilig. Gleichwohl sollte man von der Finanzverwaltung nicht erwarten, dass dort etwaige Fehler in Form von zu großzügig berechneten Wohnflächen stets erkannt werden. Die Steuerpflichtigen sollten daher unbedingt sicherstellen, dass bereits in der Feststellungserklärung zutreffende Angaben zur Wohnfläche gemacht werden.

 

3. Wohnflächen: Kleinere Flächen sind nicht immer günstiger

Die Vermutung, dass eine kleinere Wohnung bei ansonsten gleichen Einflussfaktoren weniger wert sein muss, als dieselbe Wohnung mit mehr Wohnfläche, liegt nahe. Allerdings stimmt dies bei der neuen Grundsteuer nicht immer:

In bestimmten Fällen führt eine Verringerung bei der Wohnfläche dazu, dass die (gesetzlich typisierte) Quadratmetermiete für die verbleibende Wohnfläche so stark steigt, dass der Effekt aus dem kleineren Wohnraum überkompensiert wird. Es kann also zum Beispiel passieren, dass eine Eigentumswohnung mit 58 m² Wohnfläche höher bewertet wird, als dieselbe Wohnung mit 63 m² Wohnfläche. Dieses Phänomen tritt in den Grenzbereichen der Wohnflächengruppen nach Anlage 39 BewG auf. Allgemeingültige Aussagen sind an dieser Stelle allerdings nicht möglich.

Aus unserer Sicht ist es wahrscheinlich, dass diese Problematik früher oder später im Rahmen eines Klageverfahrens aufgegriffen wird. Erst dann wird es Klarheit darüber geben, ob sich der Gesetzgeber an dieser Stelle noch im Rahmen von zulässigen Typisierungen bewegt.

 

4. Einfamilienhaus mit Einliegerwohnung: Bewertungsrelevante Qualifikationskonflikte

Sie haben ein Einfamilienhaus mit einer Einliegerwohnung? Oftmals gilt die Immobilie dann für Zwecke der Grundsteuer als ein Zweifamilienhaus. Diese Unterscheidung kann durchaus von Bedeutung sein. Zwar ändert sich nichts daran, dass eine Bewertung im sog. Ertragswertverfahren erfolgt, allerdings gibt es hier im Detail Unterschiede mit steuerlicher Relevanz.

Durch modellhafte Berechnungen haben wir die Berechnungsunterschiede für diverse Einzelfälle simuliert. Hierbei stellte sich heraus, dass eine Qualifikation als „Zweifamilienhaus“ zumeist zu günstigeren Immobilienwerten führte, als eine Qualifikation als „Einfamilienhaus mit Einliegerwohnung“. Die Finanzverwaltung würde – basierend auf Abschnitt 249.3 AEBewGrSt i. V. m. § 249 Abs. 10 BewG – in der Mehrzahl der Fälle wohl ein Zweifamilienhaus annehmen. Gleichwohl müssen die Steuerpflichtigen davon ausgehen, dass selbst eine wohlwollend prüfende Finanzverwaltung etwaige Qualifikationsfehler an dieser Stelle nicht immer erkennen kann. Eigene Sorgfalt ist hier also geboten.

 

Fazit und Ausblick

Die voranstehenden Beispiele zeigen eine wichtige Tendenz auf: Viele Fragen in dem Formular zur Grundbesitzbewertung klingen einfach. Bei genauerer Betrachtung verbergen sich dahinter jedoch relevante Einflussfaktoren für die spätere Steuerlast. Hinzu kommt, dass die Systematik der Bewertung nicht in allen Fällen zu intuitiv nachvollziehbaren Ergebnissen führt. Manch ein Steuerbürger irrt sich darüber, ob sich seine jeweiligen Angaben positiv oder negativ auf das steuerliche Ergebnis auswirken.

Bisher werden die Steuerpflichtigen auf der Elster-Plattform der Finanzverwaltung nicht darüber informiert, mit welchen Immobilienwerten zu rechnen ist. Bis auf Weiteres schließen viele Steuerkanzleien solche Informationslücken durch den Einsatz von Spezialsoftware, während den nicht beratenen Steuerpflichtigen eine wichtige Orientierungshilfe fehlt. Es bleibt zu hoffen, dass die Elster-Plattform der Finanzverwaltung kurzfristig fortentwickelt wird.

Wenn Sie sich vor dem Hintergrund unseres Beitrages nun doch lieber eingehender mit Ihrer Feststellungserklärung befassen wollen, haben wir eine gute Nachricht: Die Abgabefrist für die Feststellungserklärungen wurde kürzlich bis zum 31. Januar 2023 verlängert.

 

 

Haftungsausschluss:

Bei der voranstehenden Mitteilung handelt es sich um allgemeine Informationen, die eine steuerliche Beratung im Einzelfall nicht ersetzen können. Bitte haben Sie Verständnis dafür, dass wir trotz sorgfältiger Recherche keine Gewährleistung für die Vollständigkeit und Richtigkeit der Informationen übernehmen können.

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